top of page
  • AutorenbildChristine Ubeda Cruz

Keine gute Geschichte hat je mit einem Kamillentee begonnen

Stecktafel mit der Aufschrift: Keine gute Geschichte hat je mit einem Kamillentee begonnen
... oder mit Salat!

Hast Du schon mal eine gute Geschichte gelesen, die mit dem Satz beginnt: »Sie tranken Kamillentee und lächelten sich verliebt an«? Nee, oder? Weil gute und vernünftige Entscheidungen selten zu guten Geschichten werden. Nicht so gute oder gar unvernünftige Entscheidungen hingegen schon.


Donnerstag, 11.00 Uhr. Frisch gestylt husche ich aus dem kleinen Friseurladen. Happy und sehr beschwingt. Und draußen – wie kann es anders sein? – schüttet es wie aus Kübeln. Dicke und viele Tropfen machen, mal wieder, alles nass. Beherzt rette ich meinen frisch gestylten Kopf in den Eingangsbereich des nächsten Ladens. Wühle in den Untiefen meiner sehr großen Beuteltasche nach meinem sehr kleinen Regenschirm. Die Unart solcher großen Taschen ist, dass in ihnen, neben dem Chaos, tiefe Nacht herrscht. Es also keinen Sinn ergibt, hineinzuschauen. Tasten ist da viel effektiver. Und so erblicken meine gerade nicht beschäftigten Augen, eigentlich auf der Suche nach meinem erneuten Spiegelbild, im Fenster neben dem Eingang ein Schild mit dem Satz:


»Keine gute Geschichte hat je mit einem Kamillentee begonnen!«


Stimmt! Denke ich. Kamillentee ist so ziemlich das krasseste Gegenteil von gut. Also für mich. Ich schaue weiter. Irritiert. Und stelle fest, dass ich auf der Schwelle einer ziemlich coolen Weinbar stehe. Die, und das ist der schlechte Teil der Geschichte, donnerstagmorgens um 11.00 Uhr geschlossen ist. Schade, denke ich und finde, statt des Schirms, mein Handy. Der Spruch hat mich elektrisiert. Interessiert und provoziert. Fix drücke ich auf den Auslöser der Kamera. Ein Bild zur Erinnerung. Oder zum Nachdenken. Denn aus dem Satz lässt sich ja was machen. Also schreiben.


Und wo ist jetzt der Schirm? Denke ich und lasse mein Handy wieder in der Tiefe der Tasche verschwinden. Tastend finde ich endlich den Knirps. Da geht die Tür der Weinbar auf. Ein fröhlich lachender Mensch sagt: »Moin! Ganz schön viel Wasser hier draußen. Magst Du reinkommen? Hier ist es trocken. Und es gibt Wein!« Sofort denke ich: Yes !!! So fangen gute Geschichten an! Ich nicke und folge dem netten Menschen in den Laden.


»Hi, ich bin Oli. Ich habe gerade eine neue Lieferung spannender Tropfen erhalten und muss sie nochmals verkosten. Magst Du mich dabei unterstützen?« Ich lache. Und frage ihn, ob er meine Gedanken da draußen vor dem Schild lesen konnte. »Nee«, meinte er, »aber ich hasse Kamillentee!« »Uih, da sind wir schon zu zweit«, entgegne ich ihm. Und schon reicht er mir einen ersten Probierschluck Wein.


Dem ersten folgen noch einige weitere leckere Schlucke. Wir fachsimpeln über Wein. Und über gute Geschichten. Die Oli in seiner Weinbar und ich in dem Laden, in dem ich arbeite, erlebe. Und über die Storys, die sich aus einem offenen Blick auf das Leben, aus einem Spruch, der Suche nach einem Regenschirm und einer frühmorgendlichen, unverhofften Weinprobe, ergeben. All das, hat so gar nichts mit Kamillentee zu tun. Zum Glück! Aber so beginnen eben gute Geschichten.


 

Die Magie des Schreibens


„Warum machst Du das? Warum schreibst Du? Warum bloggst Du? Was versprichst Du Dir davon? Verdienst Du damit Geld?“ Diese Fragen höre ich öfter, wenn ich erzähle, dass ich schreibe.


Ich wage 'mal einen Versuch, zu erklären, warum ich schreibe. Und stelle dazu zwei Gegenfragen:


  • Wann hast Du das letzte Mal etwas getan, bei dem Du die Zeit vergessen hast?

  • Wann hast Du etwas einfach so, aus purer Freude am Tun, getan?


Die Antworten auf diese Fragen sind genau die Gründe, warum ich schreibe. Mein „Warum“ macht mich neugierig, lebendig und lehrt mich. Ich darf spielen. Mit Buchstaben, Worten, Grammatik und Sprache. Ich schreibe, weil schreiben verändert. Es verändert mich. Meine Möglichkeit mich auszudrücken. Es verändert die, die meine Geschichten lesen. Weil sie entweder den Kopf schütteln, heftig nicken oder lächeln. Mein Schreiben verändert die Welt für einen kleinen Moment.


Oder verändert der Moment, die Welt, mich? Ja - auch! Siehe oben. Die Geschichte mit dem Friseur, dem starken Regen und der Spruch im Fenster der Weinbar sind real. Das ist geschehen. Die Geschichte mit Oli und der frühmorgendlichen Weinprobe ist auch wahr. Allerdings nur in meinem Kopf. Dem mit dem frisch gestylten Haar. Und hier in meiner Geschichte.


 

Dieser Artikel ist Dank eines Impulses von Anna Koschinski im Rahmen ihrer Blogparade „Schreiben über das Schreiben“ entstanden. @Anna – ich liebe Deine Ideenspritzen. Und das Schreiben.
















105 Ansichten7 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page