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Schwarzer Kaffee

  • Autorenbild: Christine Ubeda Cruz
    Christine Ubeda Cruz
  • 28. Juni
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 30. Juni


Tasse Cappuccino mit einer Minnions-Abblidung auf dem Milchschaum

„Schreib doch mal ’nen Krimi“, sagte eine liebe Freundin beim Abschied eines langen Abends. Wir hatten gut gegessen, ein Glas Wein getrunken – und viele Geschichten geteilt. Berührende, berufliche, persönliche. Sogar traurige. Wir sprachen über unsere Wünsche und Vorhaben. Auch mein Schreiben kam zur Sprache – und dass es stockt. Da meinte sie noch einmal: „Probier doch mal ’nen Krimi …“


Gut, also: ein Krimi. Oder besser – eine Geschichte mit krimineller Note.


Der Coffeeshop liegt in einer Seitenstraße nahe dem Hauptbahnhof. Dort, wo der Regen die Neonlichter in flirrende Schlieren zieht. „Bohnenszene“ steht auf dem nassen Schild über der Tür. Eine Szene gibt es hier – aber deren Genuss hat nichts mit Kaffee zu tun.


Drinnen ist es stickig, die Fenster matt vor Feuchtigkeit. Es riecht nach dunklen Geheimnissen – und frisch gebrühtem Kaffee. Er sitzt in der Ecke. Die Kapuze seines Hoodys tief ins Gesicht gezogen, rührt er mechanisch in der fast leeren Tasse. Beharrlich zerreibt er die letzten Zuckerkrümel.


Da öffnet sich die Tür – geräuschlos. Ein feucht-kalter Luftzug und ferne Straßengeräusche gleiten in den Raum. Und sie. Eine Erscheinung. Schwarz gekleidet, mit einer Haltung, die keine Zweifel zulässt. Ein kaum sichtbares Nicken. Mehr braucht es nicht. Sie tritt an den Tresen. „Einen doppelten Espresso“, sagt sie – mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldet. Der Barista zögert, reicht ihr dann aber die kleine dampfende Tasse. Elegant führt sie sie an ihren dunkelrot geschminkten Mund, nimmt einen Schluck, stellt sie wieder ab, und lässt eine kleine, silberne Patrone hineingleiten.


Er steht auf. „Sie haben das Päckchen?“


„Natürlich“, sagt sie, und schiebt eine abgewetzte Aktentasche über den Tresen, ohne ihn anzusehen. Er öffnet sie. Fotos. Dokumente. Ein goldener Siegelring – mit Blutspritzern.


„Wo ist er?“, fragt er mit brüchiger Stimme, den Blick fest auf den Ring gerichtet.


„Unter dem Laden hier“, sagt sie leise. „Aber grab' nicht zu tief. Manche Wahrheiten vergiften selbst den besten Kaffee.“


Ein kalter Luftzug trifft sein erhitztes Gesicht. Er blickt auf. Sie ist verschwunden. Nur ein Hauch Espresso dampft noch in der Tasse.


Und er? Er weiß, dass er zu spät ist.

Doch das Spiel – das hat gerade erst begonnen.

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