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  • AutorenbildChristine Ubeda Cruz

Weiße Weihnachten - eine Erfindung der Postkarten-Industrie?


Alle Jahre wieder… hoffen gefühlt fast „alle Menschen“ in Deutschland auf Schnee zu Heiligabend. Und werden doch meist enttäuscht. Zumindest an den meisten Orten. Ist es da nicht tröstlich zu wissen, dass dieses weiße Idyll eine Erfindung der Postkarten-Industrie ist?


Woher kommt eigentlich diese Sehnsucht, dass an Heiligabend unbedingt Schnee liegen muss? Dieses Fest soll uns an die Geburt eines Kindes vor mehr als 2000 Jahren erinnern. In Bethlehem. Einer Region, in der Schnee ziemlich bis sehr selten ist. Wenn nicht sogar unmöglich. Um Weihnachten herum ist es dort meist um die +20Grad Celsius. In der Bibel steht auch nichts vom Nordpol, von Schnee, Rudi oder einem Rentierschlitten - oder hab‘ ich da was überlesen?


Und mal ganz ehrlich: Ist Schnee zu Weihnachten nicht eher hinderlich? Noch weniger Parkplätze erschweren das großen Einkaufen. Schnee kann sogar gefährlich werden, wenn das halbe Land zur anderen Hälfte zu Besuch fährt. Oder die Bahn mal wieder im Winterchaos versinkt.


Ich bin leicht genervt von der Kunstschnee-Kulisse in der Werbung, von Weihnachtsbäumen mit - „natürlich“ - Kunstschnee, dem Song „Lars Krismess“ - wer ist das eigentlich? und Florian Silbereisens Adventsshow. Gut, der kann ich entgehen. Einfach nicht einschalten. Alles andere prallt aber mehr oder weniger ungefiltert auf mich ein. Und draußen ist es dauerhaft grau und nass-kalte +4Grad Celsius.



Locker-Leichte Sehnsucht


Also - woher kommt diese Sehnsucht nach dem weißen Winter-Wunder-Land? Nach der locker-leichten Flockendecke, die alles in unschuldiges Weiß hüllt? Was nährt die weit verbreitete Hoffnung, dass leise der Schnee rieselt und Schneeflöckchen-Weißröckchen draußen am Fenster vorbeifliegt?


In mir wurde diese Sehnsucht bereits als Kind geweckt. Da gab es kaum eine Geschichte oder ein Lied ohne Schnee, Tannen, Schlitten und zartem Glockenklang.


Vielleicht war Schnee zu Weihnachten vor allem ein Wunsch unserer Eltern. Dann sind die Kinder aus der Wohnung und beschäftigt. Bauen Schneemänner - damals baute komischerweise keiner Schneefrauen!? Veranstalten Schneeballschlachten. Abreibungen. Spielen Schneeengel. Und tollen mit dem alten Hund rum. Der plötzlich wieder fit und Schneeflocken-beißend durch den Park jagt.


Also hier in Frankfurt wurde der Wunsch unserer Eltern, soweit ich mich erinnere, nur an einer Weihnacht erfüllt. Das muss so in den frühen 1970iger Jahren gewesen sein. Auch Eltern-Wunschzettel erfüllen sich wohl eher selten...


Ich habe versucht herauszufinden, ob und wann es mal in ganz Deutschland Schnee zu Weihnachten gab. Offenbar zuletzt 1981. Puh, ist das lange her. Also eher selten. Klar gibt es weiße Weihnachten. Manchmal hier und mal dort. Der richtig kalte Winter beginnt aber meist erst im Januar oder Februar. Vor allem hier im Flachland. Vielleicht sollten wir Weihnachten verlegen? Um größere Chancen für weiße zu haben?



Die „Weiße Weihnacht“ ist eine geniale Idee cleverer Geschäftsleute

So erklärte das unser Vater. Immer und immer wieder. Und der musste das wissen. Führte er doch eine Handelsvertretung für Post- und Glückwunschkarten.


Die Geschichte der „weißen Weihnacht“ ist einfach eine ganz schön clevere. Es ging wohl so Mitte des 19. Jh. mit den verschneiten Motiven los. Bis dahin zeigten die saisonalen Grußkarten romantische Landschaften. Oder Weihnachtsmänner mit Geschenken beladen. Oder eine fröhliche Gruppe Menschen, die einen Weihnachtstrunk genossen. Aber Schnee gab es da keinen. Und übrigens auch keinen Weihnachtsbaum.


So um 1863 soll die erste Postkarte mit einer winterlichen Schneelandschaft aufgetaucht sein. Es wird vermutet, dass der Künstler von einer Winter-Reise in die Berge inspiriert wurde. Die romantische Schneelandschaft wurde zum Verkaufshit. Und ab da machten alle Postkarten-Produzenten mit. Und ihre saisonalen Produkte erlebten eine markante Wandlung. Die Weihnachtsmänner saßen nun auf verschneiten Dächern. Und Weiß-verschneite Dorfidyllen mit Vollmond und Sternenhimmel bedienten die Sehnsucht nach Romantik.


So wurde bereits vor Hunderten von Jahren eine Erwartung geweckt, die nur gelegentlich regional erfüllt werden konnte. Und wir haben diese Sehnsucht nie hinterfragt und einfach übernommen. Ist ja auch mal ganz schön, sich in etwas Unrealistisches reinzuträumen - oder?


Einfach einen neuen Trend schaffen?


Was hältst Du von der Idee, für Weihnachten 2022 neue Grußkarten zu gestalten? Einfach neue Illusionen schaffen? Im Zuge der Erderwärmung wird die Chance auf Schnee zu Weihnachten auch in den jetzt noch begünstigten Regionen zunehmend geringer. Also die richtige Zeit, einen neuen Trend zu kreieren.


Wie gefallen Dir diese Ideen? Das Christkind im hippen Regenmantel? Der Weihnachtsmann mit fescher Kappe auf ‘nem E-Bike? Welche Idee taugt zum kommenden Verkaufshit? Ich freue mich auf Deine kreativen Vorschläge…



P.S.: Sorry, dass ich Dir nun auch diese Illusion genommen habe. Aber vielleicht ist Weihnachten ja etwas leichter, wenn wenigstens eine der übermächtigen Erwartungen schon mal wegfällt...


ICH WÜNSCHE DIR VON HERZEN EINE SCHÖNE WEIHNACHTSZEIT.

Mit oder ohne Konfetti...







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