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  • AutorenbildChristine Ubeda Cruz

Retro. DIY. Nachhaltig. Individuell - mindestens 3 gute Gründe für ein neues, altes Hobby

Aktualisiert: 20. Dez. 2021



Alles Retro oder was? Ob “TV-Total”, “Wetten das”oder “Oversized” - einiges ist gerade wieder ganz hipp. So auch das Stricken. In den 1980iger Jahren versuchte ich mit Selbst-gestricktem meine Individualität zu unterstreichen. Dann gab ich das Stricken auf. Die Individualität irgendwie auch. Doch nun nehme ich den Faden wieder auf. Eine Geschichte über großes Glück und neue, alte Trends.


Lady Di war damals für mich die Inspiration schlechthin. Da war sie noch Diana, schaute scheu lächelnd von unten nach oben. Aber sie trug diesen tollen Pullover, den roten mit den weißen Schafen. Und dem einen schwarzen Schaf. Das war ein Zeichen. Eine Botschaft. Und genau diesen Pulli wollte ich unbedingt auch haben.


2021: Total retro und gerade wieder hipp - und online käuflich zu erwerben. 1983 gab es das noch nicht. Weder den Pulli noch online. Aber ich musste dieses Teil unbedingt haben. Warum? Wahrscheinlich wegen des schwarzen Schafes. Also - ran an die Nadeln.


Hobby oder notwendig?


Ich war wohl so 7 Jahre alt, als ich meine Mutter nervte, mir das Stricken beizubringen. Sie saß immer mit konzentriertem Blick, vornüber in gebeugter Haltung, mit tiefer Stirnfalte auf unserer Eckbank in der Küche am Fenster. Dort war das beste Licht. Wenn ich etwas fragte, bekam ich die Antwort: „Warte mal kurz, ich muss mich konzentrieren.“ Mutter war sehr flink beim Stricken. Die Metallnadeln klapperten in jeder freien Minute zwischen ihren Fingern. Sie sagte immer: „Ihr wachst ja wie die Fliegenpilze im Regen“ - damit meinte sie meine Schwester und mich. Und flux hatte sie wieder einen neuen Pullover für uns fertig. Immer in strahlenden Farben - sonnengelb, himmelblau, grasgrün, leuchtend rot - in 100% pflegeleichtem Acrylgarn.


Total nachhaltig waren wir schon in den 1970iger Jahren


Wurde uns etwas zu eng oder zu kurz war das Teil schnell aufgetrennt und geschickt angepasst. Mit neuen Maschen, bunten Borten oder blumigen Stoffen. Immer sehr farbenfroh. Damals aus Geldmangel. Heute sagt man dazu „upcyclen“ und „total nachhaltig“.


Ich lernte also das Stricken. Mutter und ich saßen jetzt gemeinsam auf der Eckbank. Die ersten Werke waren für meine Barbie-Puppe. Wilde Kreationen. Immer Unikate. Gut erinnern kann ich mich an eine sehr stylische Mütze für die blonde Puppe. Die musste sein. Um das Loch in ihrem Kopf zu kaschieren. Meine Vater hatte nämlich gesagt: „Die Puppen sind dumm und haben kein Hirn“. Und ich hab’ nachgeschaut…


Später strickte ich eigene Kreationen für mich. Suchte meinem Stil. Denn die bunten Farben und enganliegende Pullis meiner Mutter gefielen mir überhaupt nicht. Puuh, diese Farben! Und dieses Acrylgarn...


Mein erstes tragbares Werk war jener sagenumwobene Schaaf-Pullover von Diana. Na gut - auch noch ganz schön farbenfroh. Das war zu Beginn der 1980iger Jahre aber total angesagt. Und ich war stolz wie Bolle. Mit diesem tollen Unikat, dem kleinen separaten Rüschenkragen und dem blauen Faltenrock. Voll die „Popperin“!


Das krasse Gegenteil waren die „Punker“ - zerrissen, schlabbrig, am liebsten ganz in Schwarz. Und irgendwo dazwischen machten sich die ersten „Müslis“ breit - mit lila Latzhosen und Selbst-gestricktem aus natürlich gefärbter Schafwolle.

Ich konnte nicht besonders gut stricken. Aber ich tat es gerne. Stricken beruhigte mich. Lenkte mich ab. Fokussierte mich. Auf die richtige Bewegung, auf die Abfolge der Maschen und Muster. Und ich hatte sofort ein Erfolgserlebnis. Und wenn nicht - auch nicht schlimm. Schnell waren die letzten zwei fehlerhaften Reihen wieder aufgetrennt. Die Konzentration auf den Wollfaden und die Nadeln schoben allen Alltagsmist aus dem Kopf. Damit konnte ich ganz wunderbar ewig lange Bus- und Bahnfahrten oder die unglaublich spannende Berufsschule ertragen. Wie gesagt - immer mit einem direkten Erfolgserlebnis.


Stil ist etwas, das jeder von uns bereits hat. Wir müssen ihn nur noch finden

Diana von Fürstenberg



Die hippen Star-Jeans, Chucks und angesagten Jacken konnte ich mir nicht leisten. Den merkwürdig konservativen Look wollte ich auch nicht mehr. Also Mut zur Individualität. Und da war ich mit Anfang 20 sehr mutig. Und auf der Suche nach meinem Stil. Und den hatte ich. Vor allem dank meiner selbst genähten und gestrickten Kreationen. Ob das immer schön war? Liegt wohl im Auge des Betrachters...


Irgendwann gab ich es auf. Das Stricken. Und auch das Nähen. Und meinen individuellen Look. Passte mich der Uniformität meiner beruflichen und gesellschaftlichen Umgebung an.


Im Nachhinein gesehen: Ganz schön schade! Und so langweilig. Ich trug zwar keine Uniform. Sah aber trotzdem aus wie alle anderen. Mausgrau und unauffällig. In Reih und Glied im Business-Anzug, manchmal im Kostüm, immer dezent in Marineblau oder Grau in verschiedenen Schattierungen.


Kopfstand und Neubeginn


Doch dann stellte sich mein Leben auf den Kopf. Und ich mich auf der Suche nach mir gleich mit.


Ich hatte seit mehr als 30 Jahren keine Stricknadeln mehr angefasst. Stricken war in meiner Erinnerung knotenlos mit ewigen Bahn- und Busfahrten und der langweiligen Berufsschule verbunden. Also ewig lange her…


Aber ich erinnerte mich an die schnellen und sich gut anfühlenden Erfolgserlebnisse. Und so etwas brauchte ich. Wollte mal wieder was mit meinen eigenen Händen erschaffen.



In der Familie kündigte sich ein Baby an. Perfekt für einen neuen Versuch zu stricken. Ich kramte nach meinen alten Stricknadeln und Wollresten und fing einfach mal an. Suchte nach Strick-Tutorials auf YouTube. Wenn mein Lieblingsmensch irritiert nach meinem Vorhaben fragte, sagte ich: „Warte kurz, ich muss mich konzentrieren!“ Ich strickte wie eine Besessene und zauberte relativ schnell - dank dicker Wolle und noch dickere Nadeln - einen ziemlich großen Bären für das Baby.


Ruhe und große Zufriedenheit machte sich in mir breit. Und eine lange nicht mehr wahrgenommene Begeisterung.


Vokabeln lernen


Strickanleitungen sind in einer ganz eigenen Sprache geschrieben. Ich hatte die meisten dieser Vokabel tief in meiner Großhirnrinde vergraben. Dank YouTube und gängiger Suchmaschinen im Netz sind sie jetzt wieder präsent. Ich verstehe die Stricksprache. Nicht immer. Aber immer öfter. Zwei angenehme Nebeneffekte: Ich habe etwas Altes neu erlernt. Und dabei meine Kreativität und meine Inspiration wieder erweckt.


Der Bär ist nun schon gut eineinhalb Jahre alt. Und ich brauch‘ Platz im Kleiderschrank. Hosenanzüge, Kostüme und zartfarbene Blusen sind verkauft. Dafür machen sich jetzt bunte selbst-gestrickte Jacken und Pullis kuschelig breit.



DIY ist total angesagt


Do it yourself ist wieder total hipp, Individualität auch. Und nachhaltig ist das Ganze auch noch.


Und ich weiß ganz genau, wie ich was anstricken kann. Falls ich wieder wachse.

😜🤪😛


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