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  • AutorenbildChristine Ubeda Cruz

Mach mal’ … einfach nix!





Du kennst das wahrscheinlich auch. Du fühlst Dich gestresst. Und viel, viel älter als Du bist. Müde. Abgespannt. Oder total aufgedreht. Fast durchgedreht. Man sieht es Dir an. Dir nahestehende, besorgte Menschen raten mitfühlend: Mach‘ mal Pause, mach‘ doch mal einfach NIX!

Gar nicht so einfach. Aber warum ist das so? Warum rennen wir lieber weiter, anstatt uns mal eine Pause von allem zu gönnen? Nichts machen - das süße Nichtstun - dolce far niente - genießen!


WARTEN IM WARTEZIMMER

Ich sitze im Wartezimmer beim Zahnarzt. Ganz alleine. Hab‘ eigentlich ein Termin. Doch ein Notfall verdammt mich zu warten. Mag ich nicht so wirklich gut leiden. Aber keine Frage: Notfall geht vor. Und eigentlich kann ich mich in der Regel mit dieser „geschenkten“ Zeit ganz gut arrangieren. Meist nutze ich sie zum Blättern in den bunten Gazetten. Du kennst sie. Die, die angeblich keiner kauft. Die aber immer beim Arzt oder beim Friseur rumliegen. Und wunderschön obskure Geschichten aus der Welt der angeblich so Schönen und Reichen präsentieren.


Tja - in Zeiten wie diesen eben nicht. Auch die Schönen und Reichen bleiben zu Hause. Also keine Yellow Press. Denn das Papier der Zeitschrift könnte ja das fiese Virus weitergeben. Also gibt es hier keine. Dafür strahlt das Glas des schicken Beistelltischs ahnungslose Neutralität und Sterilität aus.


Gut denke ich, dann daddle ich ein wenig auf dem Handy rum. Mal schnell die Lage auf Instagram und Facebook checken. Und ein paar Mails beantworten. Neue Inhalte recherchieren.

Huch - geht nicht! What? Kein WLAN, kein Mobilnetz. Mist - ich bin hier wohl im tiefsten Funkloch.

Der Warteraum - klinisch rein. Und ich ganz allein. Nichts zu hören. Kein Radiogedudel. Fernes Gemurmel, keine Stimmen. Niemand kommt rein oder geht raus. Alle sind mit dem Notfall am anderen Ende des langen Ganges beschäftigt.


Also gut! Dann halt atmen. Die Zeit gerinnen lassen. Den eigenen Gedanken lauschen. Und Löcher in die Luft gucken! Soll ja gut sein, einfach mal nichts zu tun.


Nach einer Stunde werde ich hibbelig. Ich schaue auf die Uhr: Huch - ich bin ja gerade mal seit 10 Minuten hier. Man o man, ist das öde… ich fühl mich total gestresst. Wovon? Vom Nichtstun?


Warum fällt es so schwer, einfach still dazusitzen? Und einfach mal nichts zu tun? Außer den eigenen Gedanken zu lauschen, sie kommen und wieder ziehen zu lassen. Wie in dem Lied: Die Gedanken sind frei…sie ziehen vorbei, wie… Schatten…


Ich finde das total anstrengend. Für mich ist die Situation sogar derartig unerträglich, dass ich lieber sofort und gleich auf den Zahnarztstuhl möchte. Hauptsache, irgendwas passiert! Da giere ich doch fast nach einer Wurzelbehandlung… Krank - oder?


Probiere es aus - das NICHTS-TUN!


Du schüttelst ungläubig den Kopf? Und fragst: Wo ist das Problem? Nichtstun ist doch total easy!


Schau mal auf www.donothingfor2minutes.com und lausche den Wellen. Nur schauen und hören, nichts tun. Berühre weder die Maus noch die Tastatur. Sonst beginnt der Countdown von vorne. Es werden die längsten zwei Minuten Deines Lebens, versprochen.


Warte‘mal Geschwind


sagt der Schwabe so drollig. Niedlicher Widerspruch in einem Satz - oder?


Überall lesen wir, das unsere ach so hektische Zeit schleunigst entschleunigt werden muss. Dabei ist es doch so: Wir haben unfassbar viel Zeit – wir ertragen sie nur nicht. Jedes Vakuum muss gefüllt werden. Jeder Augenblick soll, am besten sinnvoll, genutzt sein.

Nichtstun können wir schwer aushalten. Entdeckergeist und Neugierde stecken uns in den Genen. Neue Reize setzen das Glückshormon Dopamin frei. Wohingegen Langeweile eher melancholisch stimmt. Und dann ist das süße Nichtstun auch noch gesellschaftlich verpönt. Wo kämen wir denn hin, wenn das alle machen würden? Dabei ist längst klar:


Wenn wir einfach mal nur dasitzen, kann sich unser Gehirn sortieren.

Das ist kein Stillstand, sondern Gesundheitsvorsorge. Forscher sind schon lange der Meinung, dass diese absolute Ruhe gesundheitliche Vorteile hat: Es verlangsamt die Aktivität der Gehirnwellen, senkt den Blutdruck, fördert die Durchblutung, reduziert Stress und stärkt das Immunsystem.

Gut oder? Also mein Arzt findet das klasse! Ich auch - mittlerweile!

Ich hab das Nichtstun „erfahren und erlernt“. Wobei ich mich dabei nicht (mehr) langweile. Ich genieße dieses Vakuum, diese Ruhe und Klarheit in mir. Dieser Stopp vom Tun und Machen. Nach wenigen Augenblicken kommen Dinge in meinem Kopf ins Rutschen. Fantasien entstehen. Manchmal auch Visionen. Ideen werden geboren, Entschlüsse reifen. Und ich habe neue Energie wieder was zu tun. Und das dann im Körper produzierte Dopamin macht glücklich.


Wie gehst Du mit vermeintlich freier Zeit um? Stopfst Du jede Minute voll? Kannst Du das Handy auch mal liegen lassen und einfach Löcher in die Luft gucken?

Willst Du es mal ausprobieren? So zum Testen in kleinen Dosen www.donothingfor2minutes.com


Epilog


Nach etwa 40 Minuten war der Notfall gut versorgt. Die Zahnärztin widmete sich nun meinem Karies. Sie hat gebohrt. An mehreren Stellen. Hat nur ein bisschen wehgetan. Alle Löcher sind wieder gestopft. Und mein Kopf voll mit Gedanken und Ideen zu diesem Artikel. Inspiriert durch‘s Nichtstun!










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