Barcelona. Die Altstadt. Im Barrio Gotico. Enge Gassen. Sehr alte Gebäude. Warme Abendsonne.
Auf dem großen steinernen Platz vor der Kathedrale schwenkt ein Straßenkünstler in der tief stehenden Sonne seinen Traumfänger. Ein aus Drahtkleiderbügeln gebogener großer Ring mit langem Stil. Er taucht seine Konstruktion in eine Plastikwanne. Und dreht sich langsam, zaghaft und galant wie ein Balletttänzer über den Platz. Zarte, wunderschöne Seifenblasen entsteigen dem Ring. Riesig groß. Und Perlenklein. Rund und lang gezogen, tropfenförmig und wie überdimensionale Luftkugeln tanzen sie federleicht im Licht. In wunderbaren transparenten Farben. Schillernd und irisierend.
Nur wenige Passanten lassen sich von der Magie dieses Augenblicks verzaubern. Ein kleines Kind jagt den zarten Traumgebilden hinter her. Jauchzend flitzt es über den großen, fast menschenleeren, Platz. Der Straßenkünstler dreht sich unbeirrt weiter. Geschmeidig, galant und ruhig zu seiner eigenen Choreografie. Und füllt den großen steinernen Platz mit unzähligen seiner federleichten Luftschlösser.
Tief im Schatten an der Treppe zur Kathedrale kauert eine Gestalt. Dunkel. Schmutzig. Zerrissen. Ausgemergelt. Ganz gebannt von der Leichtigkeit der Seifenblasen. Mit strahlenden Augen verfolgt sie den Flug der Luftbilder. Ein glückliches Lächeln legt sich auf das zerfurchte, schmutzige Gesicht. Mit einem mal überstrahlen die leuchtenden Augen das dunkle Antlitz.
Und wieder taucht der Tänzer seinen Drahtreif in die Seifenlauge. Neue hauchzarte Luftgebilde gleiten über den Platz und zerstieben nach und nach im Sonnenlicht. Der Künstler läuft und springt. Schreitet und dreht Pirouetten. Schlägt ein Salto. Und produziert so ein ganzes Meer bunter Luftkugeln. Magisch gleiten sie durch die warme Abendsonne. Verzaubern die dunkle Gestalt an der Treppe zur Kathedrale.
Plötzlich scheint ein unsichtbares Lüftchen alle Seifenblasen zu der kauernden Gestalt zu pusten. Ganz sachte. Einem Magnet gleich zieht sie die irisierendes Kugeln an. Die Person richtet sich auf. Und steht plötzlich inmitten unzähliger schillernder Luftgebilde. Alles dunkle, zerfurchte und schmutzige erscheint nun strahlend hell, seidig glatt und gleißend. Leicht und schwebend steigt sie in die Abendsonne auf … und zerstiebt.
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