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  • AutorenbildChristine Ubeda Cruz

Hast Du Dich jemals entspannt, weil man es Dir gesagt hat?


Kann das funktionieren? Der gut gemeinte Tipp des Lieblingsmenschen, sich zu entspannen? Klappt das, nur weil uns jemand dazu auffordert? Oder wird genau das Gegenteil erreicht?


„Entspann Dich!“ - sagt der Lieblingsmensch. Und ich, überhaupt nicht relaxt, patze ihn an: „Hat sich jemals jemand entspannt, weil man es ihm gesagt hat?“ Weise lächelt er. Und sagt: „Ja Du, wenn Deine Yogalehrerin es sagt. Da scheint das gut zu funktionieren.“ Dreht sich um und geht in sein Musik-Zimmer.


Heute ist mal wieder der sprichwörtliche „Wurm drin“. Nee, nicht im leckeren Sommerapfel. In meinem Leben. Der Kaffee ist alle. Mist! Also Tee. Soll eh gesünder sein. Etwas besänftigt balanciere ich meinen Teebecher Richtung Terrasse. Und vergesse, das eine Schwelle das Innere vom Außen trennt. Die meinen Fuß irgendwie festhält. Autsch – Schepper! Spitze Nervensignale durchzucken den großen Zeh. Puh – tut das weh! Bis zu den Augen. Die unweigerlich ein paar Tränen des Schmerzes verdrücken. Und der leckere Tee? Ergießt sich auf dem Boden. Sucht seinen Weg durch die Bruchstücke meiner Lieblingstasse. Na super – der Tag wird sicher ganz toll!


Ich will nur noch weg. Und nie mehr wiederkommen. Immer, wenn ich das denke, habe ich so eine Art Rückblende in meine Kindheit. Auch da gab es manchmal Zeiten, wo ich glaubte, die Welt habe sich gegen mich verschworen. Davon war ich fest überzeugt. Wenn es wieder nur Hagebutten-Tee gab, die Schokocreme alle war und stattdessen feine Mettwurst meine Brotscheibe zierte (igitt – noch heute ekel ich mich davor). Dann war ich schlecht gelaunt. Und Mutter auch. Und total unentspannt. Forderte mich aber auf, entspannt zu sein. Und das zu mögen, was es gibt.


Da half mir nur, wegzugehen. Also tauchte ich ab. Unter die Treppe. In meine Höhle. Mit einem dicken Buch auf dem Schoß versank ich in fremde, andere, vielleicht bessere Welten. Voller Verständnis, Ruhe und Entspannung. Die Zeilen sprachen mit mir. Beschäftigten die grauen Zellen in meinem trotzigen Kopf.


Stunden später. „Du hast es aber kuschlig da unten“, sagte Mutter, als sie den Staubsauger holte.


Das war immer ihr Ding. So tun, als sei nichts gewesen. Um damit den Konflikt, zumindest teilweise, zu beruhigen. Ihn auszusitzen. Zu atomisieren.


Ich wünschte, ich könnte das auch. Zumindest teilweise. Und zeitweise.


„Ich geh‘ jetzt mal auf meine Yoga-Matte“, sag’ ich zu meinem Lieblingsmensch. „Kannst Du da jetzt entspannen?“, fragt er mich grinsend. Liebevoll breitet er seine Arme aus und ich rolle mich schnurrend in ihnen zusammen. Und bin total entspannt!

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