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AutorenbildChristine Ubeda Cruz

Maschinenpark in der Küche? Wieso Kochen mit Herz und Händen glücklich macht!

Aktualisiert: 23. Juli


Wenn Du Begriffe wie »Nice Ice« und »Thermomix« hörst – was ist da Deine Reaktion? Heftiges Nicken oder Kopfschütteln?


Kürzlich bei einer lieben Freundin. Ein lauer Samstagnachmittag. Entspannt sitzen wir auf der Terrasse und genießen ein kühles Glas Rhabarber-Schorle. Auf einmal meine Freundin: Magst Du ein selbst gemachtes Himbeereis? Erfreut sage ich ja. Sie steht auf und entschwindet in der Küche. Ich höre es klappern, scheppern und piepsen. Irritiert folge ich ihr.


Und da steht das Monstrum. Die neueste Errungenschaft in der auch sonst nicht gerade asketisch ausgestatteten Küche. Dieser ach so „neunmal kluge“ Kochroboter, der angeblich alles kann, außer Blusen bügeln. Staubsaugen kann er übrigens auch nicht?! Nicht ganz billig das Teil. Gefühlt der Gegenwert eines kleinen Urlaubs. Die Freundin tippt, besser gesagt, swipt über die Anzeige des Thermomix zum Rezept Himbeereis. Mit einem lauten »Piep« wird die Auswahl bestätigt. Nun fordert das Display dazu auf, 70g Zucker einzufüllen und den Mixer zu verschließen. Dann wird es ganz schön laut. Ein erneuter »Piep« zeigt an, dass der Zucker soeben zu Staubzucker atomisiert sei. Ok, denke ich. Nice. Kann Frau so machen. Muss sie aber nicht. Denn es gibt in jedem Supermarkt für wenig Geld Staubzucker zu kaufen. Jetzt zeigt das Display des Kochroboters an, dass er 140g Himbeeren wünscht. Die entnimmt die Freundin dem Gefrierfach. Schon praktisch, dass in dem »Zubereitungsgerät« eine Waage integriert ist. Die süßen Früchtchen klickern freudig in die metallene Schüssel. Deckel darauf und schon rotiert die Maschine. "Ach Mist", ruft die Freundin plötzlich, "jetzt habe ich die Vanille vergessen!" Vorsichtig schiele ich aufs Display. Da steht es: Vanille zufügen. "Nun, zu spät", sagt die Freundin. "Dann füge ich sie der Sahne zu". Schnell fischt sie aus den tiefen Schubladen ihrer Küche den "guten, alten" elektrischen Handrührer und beginnt, ganz klassisch Sahne aufzuschlagen. Mit Vanillezucker. Der Kochroboter hat längst laut »Piep« gerufen. Das »Nice Ice« ist fertig. "Ich hätte die Sahne natürlich auch im Thermomix aufschlagen können", sagt die Freundin. Ja denke ich. Dann müsstest Du aber das »Nice Ice« umfüllen und die Schlagschüssel spülen. Oder Du nutzt gleich den Handrührer und wechselst lediglich einmal den Aufsatz. Für unser »Nice Ice« braucht es kein Platz fressendes "Kochmonster". Lächelnd schaue ich meiner Freundin zu. Freue mich, ob ihrer Begeisterung. Und bin sehr dankbar, dass meine Gedanken gerade so leise sind.


Nachdem das »Nice Ice« in hübschen Schalen mit frischen Früchten und der Sahne angerichtet ist, verziehen wir uns wieder auf die Terrasse. Genussvoll schlemmen wir die kühle Köstlichkeit. Und meine Freundin schwärmt von ihrer "Kochmaschine". Wie viel Zeit sie ihr erspart. Wie sie aufräumen oder Gartenarbeit machen kann, während das Gerät rührt und kocht. Ohne, dass jemals was anbrennt.


Nun ist es nicht so, dass meine Freundin neben einer Vollzeitbeschäftigung noch eine Horde pubertierender Jugendlicher bekochen müsste. Nee, die Kids sind längst aus dem Haus. Sie und ihr Lieblingsmensch genießen ihren wohlverdienten Ruhestand. Und haben – eigentlich – Zeit und Muße, Dinge nacheinander und mit Genuss zu tun.



Meine Küche muss kein asketisches Designlabor sein. Aber auch kein Maschinenpark.


Meinen Ausführungen ist sicher anzumerken, dass ich große Vorbehalte gegen diese effiziente Art zu kochen und zu backen habe. Zunächst ästhetische. Das Teil ist keine Augenweide. Und stellt mir wertvollen Platz in der Küche voll. Platz, den ich gerne fürs Werkeln frei halte. Aber viel gravierender, als zugestellte Flächen, ist, dass die Automatisierung meiner eigenen Schaffenskraft, meiner Kreativität im Wege steht. Meine liebsten Küchenwerkzeuge sind meine Hände und meine Intuition. Aus der Neurowissenschaft wissen wir doch längst, wie wesentlich Handarbeit für den Teil des Gehirns ist, in dem unser Belohnungszentrum sitzt. Und das wird bei mir in der Küche immer aktiviert. Wenn ich mit meinen Händen arbeite.


Oma Wolf brachte mir bei, Semmelknödel zu machen. Aus nicht mehr als altem Brot, Milch, Eier, Salz, Petersilie und der Kraft der Hände. Und äußerst diffusen Mengenangaben: ein wenig hiervon, eine Prise davon und etwas mehr Brot. Ach ja, und denk' an frisch geriebenes Muskat. Nach einiger Zeit mit ihr in der Küche hatte ich verstanden: Für die besten Knödel braucht es keine Waage, keinen Messbecher, sondern ein Gespür für den Teig. Und das liegt in den eigenen Händen.


Ich gehe jetzt mal in die Küche. Und mache Semmelknödel. Aus altem Brot. Von Hand mit einem Messer in Würfel geschnitten. Mit etwas Milch, Eiern, Salz nach Gefühl, selbst gehackter Petersilie und in etwa „soviel“ Muskat. Meine Hände oder mein Belohnungszentrum, freuen sich schon, die klebrige Masse zu runden, wahrscheinlich wieder Tennisball-großen, Knödeln zu formen. Dazu werde ich frische Pfifferlinge in Rahmsauce zubereiten. In der Pfanne, auf’m Herd.


P.S.: Ich weiß, was dieser Kochroboter "fast" alles kann. Und ganz ehrlich, manchmal liebäugle ich doch mit ihm. Weil er Dinge kann, die meine Hände und die traditionellen Haushaltsgeräte nicht ganz so gut können. Doch wie oft brauche ich das? Selten bzw. ich kann mir dann doch anders helfen.


Ich schätze an dem Gerät auch, dass es vielen Menschen eine massive Arbeits- und Zeitersparnis bietet. Und es ganz wunderbare und gesunde Gerichte auf Knopfdruck zaubern kann, während man sich um Wichtigeres, wie zum Beispiel spielen mit den Kindern, kümmert.

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