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Maschen, Patzer und Glücksmomente: Stricken ist Woll-Lust!

Autorenbild: Christine Ubeda CruzChristine Ubeda Cruz

Aktualisiert: 17. Dez. 2024

Stricknadeln auf einem Holztisch
Alles hat ein Ende. Und ‚nen Anfang.
Jetzt haben wir ihn: Winter! Damit direkt verbunden: Die Sehnsucht nach Wärme, einkuscheln, Süßem und Nahrhaftem. Den beiden letztgenannten Sehnsüchten dürfen sich andere widmen. Ich will Wolle.

Kaum weht der erste etwas kühlere Wind und fallen die Blätter, stellt sich bei mir eine besondere Sehnsucht ein: Ich möchte stricken! Den Schal fürs Leben*und einen für den Liebsten, Mützen für die Enkelkinder und etwas zum Einkuscheln für mich selbst. Schönes Garn ist schnell gekauft. Stricknadeln in verschiedenen Längen und Dicke liegen seit Jahren ungenutzt im Schrank. Also los gehts! Rasch sind die ersten Maschen angeschlagen, doch da beginnt das Dilemma. Nach wenigen Minuten muss ich die Nadeln fallen lassen. Finger, Ellbogen und Nacken bilden mit dem Wollfaden ein verkrampftes Knäuel. „Mensch, das wird nie was“, denke ich. Gleich mein erstes Strickstück soll, nach einigen Jahren der Abstinenz, eine coole Oversized-Jacke werden. Groß, leicht und nach dem Vorbild der schicken bunten Wolljacken in meiner Lieblings-Boutique. Frau wächst mit ihren Aufgaben. Die sie sich selbst stellt. Gerade mutet mein neustes Projekt aber in etwa so an, als würde ich, die noch nie am Klavier saß, gleich beim ersten Mal einen Hit komponieren wollen.



Wolle und wollen – gibt es da einen Zusammenhang?


„Papperlapapp, meldet sich eine andere innere Stimme. Du hast früher, in den 80er Jahren, alles gestrickt. Weil Du es wolltest. Also die Sachen aus Wolle. Und so entstanden Lady Di‘s Schäfchenpullover, Trachtenjacken, Zopf- und Norwegerpullis. Neben der Abschlussprüfung an der Berufsschule hättest Du locker noch eine weitere für Stricken geschafft. Du hast das ja quasi parallel erlernt. Und den langweiligen Stoff der Berufsschule strickend aufgenommen."



Stricken ist Entspannung


Was am ersten Tag meines Großprojekts mühselig war und in diversen Körperregionen zu Verknotungen führte, flutscht jetzt. Irgendetwas muss zwischen meinen Fingern und den Augen passiert sein. Und auch im Gehirn sind neue Verknüpfungen entstanden. Denn jetzt läuft der Faden locker gespannt über meinen Zeigefinger. Ich erkenne in den ineinander verschlungenen Fäden Zusammenhänge und sehe sofort, wo eine verlorene Mache hingefallen ist. Gelassen „hebe“ ich sie wieder auf. Irgendwie ist es beim Stricken ähnlich wie beim Yoga und Meditieren. Die Gedanken können konzentriert auf den Atem oder das Handwerk sein, oder schön abschweifen. Und Du kannst sie immer wieder zurückholen. Also die Gedanken oder den Faden. Eine verborgene Kraft zwischen Handgelenk und Gehirn sorgt für eine beidseitig rhythmische und automatische Bewegung. Die monotonen Abläufe – Masche anheben, Faden durchziehen und neu gestrickte Schlaufe abheben – wirken wie ein Mantra. Also bei mir ist das so. Ich schalte ab. Nach etwa 30 Zentimeter des Rückenteils meiner Cardigan siegt die alte Routine. Ich hab’s wieder drauf. Und stricke. Gerne Abends beim Seriengucken. Und ja, es geht beides: Filme schauen und stricken. So wie früher: Berufsschule und stricken. Oder Bundestag und stricken. Haben einige „Grüne“ damals auch getan. Nur manchmal muss ich pausieren. Nämlich dann, wenn mein Lieblingsmensch vom lauten Geklapper der Nadeln leicht genervt interveniert. Eigentlich knurre ich bei spannenden Szenen, sagt er. Jetzt klappere ich auch noch …



Fast perfekt, und selbst gemacht


Das Stricken beglückt mich! Ich tue etwas mit meinen Händen. Und auf jeden Fall entsteht etwas Einmaliges. Und ganz nebenbei lerne ich was. Denn stricken heißt auch, komplexe und bisweilen anderssprachige Anweisungen zu verstehen und umzusetzen. Dazu routiniert mit Zahlen und Maßen umzugehen und unvorhergesehene Probleme zu lösen – all das macht sicherlich nicht dümmer. Jedenfalls nicht mehr als Seriengucken alleine.


Dass das Ergebnis alles andere als perfekt ist – sei es drum. Stolz trage ich meinen Cardigan. Trotz handwerklicher Unstimmigkeiten. An einer Stelle habe ich mich verzählt, an einer anderen aus Versehen eine Reihe falsch herum gestrickt. An einigen Stellen finde ich Knötchen und ein ungleiches Maschenbild. Ist halt „Handarbeit“ denke ich. Ich hab’s gemacht. Aus Wolle. Weil ich es wollte.


Ansicht eines vielfarbigen Strickstücks
So viele Maschen…
Mein neuer Cardigan
Mein neuer Cardigan

P.S.: Als Nächstes stricke ich was ganz Einfaches. Den Schal des Lebens*. Mal schauen, ob ich es schaffe, gleichzeitig 'ne Serie zu schauen, zu stricken und zu atmen. Auf jeden Fall schaffe ich etwas Gutes. Einen wärmenden Schal, ein prima Geschenk und tue Gutes dabei.




*unbezahlte Werbung - dafür von Herzen!

48 Ansichten4 Kommentare

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4 Comments

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Guest
Dec 16, 2024

Das Ergebnis ist einmalig.

Glückwunsch, liebe Christine!

Sticke gerade einen Pullover für meinen Enkel und muss mich manchmal auch durchwurschteln. Aber es überwiegen Freuden- und Entspannungsmomente.

Viel Spaß allen selbsternannten Stricklieseln!

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Christine
Dec 17, 2024
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Ja, genau: >EINMALIG< 😜

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Edith
Dec 15, 2024

Liebe Christine,

wie gerne würde ich mit dir zusammen stricken. Meter für Meter. Früher habe ich Socken en mass gestrickt, aber heute geht es maximal eine Stunde am Stück. Danach bekomme ich meine Finger nicht mehr von der Stricknadel, weil sie verkrampft daran festhängen. Naja. Dieses Hobby musste aus eben diesen Gründen bei mir leider gehen. Jetzt habe ich mich halt auf's Schreiben verlegt.

Liebe Grüße und viel Spaß mit den Maschen.

Edith

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Christine
Dec 17, 2024
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Liebe Edith, so ähnlich ging es mir auch. Bei mir waren es die Schultern und der Rücken. Heute kann ich das ganz gut dosieren. Dann ist es halt nur ‚ne Stunde. Ist beim Schreiben ganz genauso. Ich finde das gut. Denn: wir tun das, was wir tun ja, weil wir es lieben. Und nicht, weil wir es müssen

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